Weltfrieden wäre schön!

Bar­bara Stuc­ki: Gross­rätin Kan­ton Bern und Mit­glied der Polit­gruppe von hab queer bern.

Für die Polit­gruppe von hab queer bern gilt Bar­bara Stuc­ki für die Nation­al­ratswahlen qua­si als Spitzenkan­di­datin. Über­raschend – aber klar – wurde sie im März 2018 in den Gross­rat des Kan­tons Bern gewählt. Nun ist die grün­lib­erale Poli­tik­erin dabei, die näch­ste Stufe ihres raketen­haften Auf­stiegs in der Poli­tik zu zün­den. Es brauche in der Poli­tik, da ist sich Bar­bara sich­er, mehr Sach­poli­tik statt end­lose links-rechts Debat­ten.

Im Mai dieses Jahres hat Bar­bara Stuc­ki im Grossen Rat des Kan­tons Bern die Motion «LGBTI-feindliche Gewalt sta­tis­tisch erfassen» ein­gere­icht. Gle­ichzeit­ig wurde in zwölf weit­eren Kan­to­nen ähn­liche Vorhaben einge­bracht. Fehlende sta­tis­tis­che Dat­en führten dazu, dass die Gefahr von Angrif­f­en und Über­grif­f­en auf LGBTI-Menschen in der Schweiz verkan­nt wer­den. Deshalb sei diese Motion äusserst wichtig, betont sie überzeu­gend.

Bar­bara Stuc­ki ist Mit­glied der Polit­gruppe von hab queer bern. An unseren Meet­ings wirkt sie immer sehr ruhig und sach­lich. Nur in dem Moment, als wir den Text unser­er Stel­lung­nahme zur Vernehm­las­sung zur Öff­nung der Ehe disku­tierten, ging das Tem­pera­ment mit ihr durch: «Him­mel nochmal! Ich würde gerne heirat­en, bevor ich am Rol­la­tor gehe».

Fragen und Antworten

Es kann nicht sein, dass wir gle­ichgeschlechtlichen Paaren uns nochmals mit ein­er «abge­speck­ten» Ver­sion der Het­ero-Ehe abfind­en müssen. Zur Öff­nung der Zivile­he «für alle» gehört auch der gle­ich­berechtigte Zugang zur Fortpflanzungsmedi­zin. Was geht mit Blick auf den poli­tis­chen Prozess zur «Ehe für alle» durch den Kopf?

Dass er unglaublich lange geht. Es scheint mir, als wür­den sämtliche involvierten Instanzen alles dafür tun, um eine Fristver­längerung nach der näch­sten zu beantra­gen. Und ja, ich finde es frech, von «Ehe für alle» zu sprechen, wenn man den gle­ichgeschlechtlichen Paaren dann doch nicht ganz alle Rechte geben will. Dann wäre es ehrlich­er, es «einge­tra­gene Part­ner­schaft plus» zu nen­nen.

Nach­dem EDU und JSVP das Ref­er­en­dum gegen die Erweiterung der Ras­sis­mus-Strafnorm mit dem Schutz der Diskri­m­inierung auf­grund der sex­uellen Ori­en­tierung ergrif­f­en haben, müssen wir im Feb­ru­ar an der Urne über die Geset­ze­san­pas­sung abstim­men. Bere­its vom Par­la­ment abgelehnt wurde der Schutz vor Diskri­m­inierung auf­grund der Geschlecht­si­den­tität. Wie denkst du darüber?

Ich denke, die meis­ten im Par­la­ment wis­sen gar nicht genau, um was es bei der Erweiterung der Ras­sis­mus-Strafnorm geht. Da kann eine Mehrheit «trans» nicht von «inter» unter­schei­den und denkt bei Homo­sex­uellen nur an tuntige Män­ner. Ich bin überzeugt, dass das Volk das Ref­er­en­dum ablehnen wird und ich hoffe, nach den näch­sten Wahlen find­en The­men wie diese eine klare Mehrheit im Bun­de­shaus.

Mit der Motion «Änderung des Geschlechts im Per­so­n­en­stand­sreg­is­ter» fordert SVP-Nation­al­rätin Ver­e­na Her­zog, dass sich die Änderung des Geschlechts an den «biol­o­gis­chen und medi­zinis­chen Fak­ten und Real­itäten» zu ori­en­tieren habe. Sie schreibt im Text zur Motion: «Wenn sich diese Änderung lediglich auf das per­sön­liche Empfind­en abstützen soll, öff­nen wir Tür und Tor für Beliebigkeit und Recht­sun­sicher­heit». Wir wis­sen, dass die Geschlecht­si­den­tität nicht unbe­d­ingt mit dem biol­o­gis­chen Geschlecht übere­in­stim­men muss. Wie ist da dein Stand­punkt?

Der ist ziem­lich anders, als der von Ver­e­na Her­zog. Seit ich im OK der Pride Ouest 2017 war, habe ich ver­schiedene Men­schen ken­nen­gel­ernt, die trans sind. Sich zu seinem trans-sein zu beken­nen, den Namen und Per­so­n­en­stand zu ändern und eine Tran­si­tion zu durch­laufen ist nichts, das man als Jux und Tollerei tut. Und ja, die Geschlecht­si­den­tität ist nichts, was sich an medi­zinis­chen Fak­ten fest­machen lassen liesse. Ich hoffe doch sehr, dass diese Motion hochkant versenkt wird.

Welch­es ist dein abso­lut wichtig­stes poli­tis­che Ziel?

Welt­frieden wäre schön. Das meine ich ernst. Für die Schweiz wün­sche ich mir, dass wir in Sachen Gle­ich­stel­lung – nicht nur für uns LGB­TIQs – endlich auf­holen. Da gibt es noch sehr viel zu tun.