
Wir lieben den Menschen und nicht das Geschlecht!
Die Berner Bi-Gruppe trifft sich regelmässig zum Austausch. Die Treffen finden normalerweise am 13. des Monats, meist in einem Restaurant in Bern in geselliger Atmosphäre statt. Wir sprechen über unsere Erfahrungen, über das Bi-sein und über alles Mögliche sonst.
Für weitere Informationen melden sich Interessierte per Mail bei Philipp.
Im Chat mit Philipp: «Es ist nicht wie ein Panaché»
Die Bi-Gruppe von hab queer bern trifft sich regelmässig zum Austausch – und sie ist klein und fein.
Ja, wir sind selten mehr als fünf. Die meisten bi Menschen behalten ihre Neigung für sich und outen sich höchstens im privaten Kreis. Es gibt ja kaum eine typische oder sichtbare Bi-Lebensweise. Die Hemmschwelle, sich einer Gruppe fremder Menschen anzuschliessen ist daher vermutlich hoch.
Welches sind die wichtigsten Themen während den Treffen der Bi-Gruppe? Über was diskutiert ihr?
Es sind ja informelle Treffen, keine Selbsthilfe-Therapien. Die Diskussionen sind daher völlig frei. Die eigenen Erlebnisse und Erfahrungen und die Freuden und Leiden der Liebe sind natürlich die dominierenden Themen. Kulturelle Interessen, Politik, Beruf etc. kommen aber auch nicht zu kurz.
Prinzipiell ist jeder Mensch bisexuell veranlagt – sagen nicht nur Sigmund Freud und Alfred Kinsey. Kannst du diese Aussage bestätigen?
Das kann ich nicht, weil ich von Psychologie nicht mehr verstehe, als jeder andere mit einigen Jahrzehnten Lebenserfahrung. Ich bin aber eher skeptisch gegenüber derart pauschalen Feststellungen. Wenn man die Begriffe zu weit dehnt, kann man alles behaupten, aber es verliert den Sinn und wird beliebig. Meine Erfahrung weist doch eher in eine andere Richtung. Es mag viele Bisexuelle geben, aber ich glaube, dass die sexuelle Orientierung der meisten Menschen recht eindeutig ist.
Bisexuelle sind zu beneiden, weil ihnen der gesamte sexuelle Kosmos offensteht. Bisexuelle sind zu bedauern, weil sie sich einfach nicht entscheiden können. Sind das Vorurteile?
Das sind keine Vorurteile, eher saloppe Sprüche. Wahr ist, dass es Vorurteile gibt. Da es wenig bekennende Bisexuelle gibt, sind wir schon immer ein wenig die Anderen, Unbekannten und Fremden. Das erschreckt und kann abstossen. Zudem steht ein Bi-Leben im Widerspruch zum Bild der Zweierbeziehung, das tief in uns Menschen sitzt. Bi-Leben ist in diesem Punkt auch nie so ganz einfach. Es gibt immer ein «hier» und ein «dort»; es ist oft zweideutig und manchmal widersprüchlich. Wer bisexuell ist und auch so leben will, muss damit klar kommen.
Ist Bisexualität ein Tabuthema?
Bisexualität ist jedenfalls kein grosses Thema. Es scheint kaum zu interessieren. Ich selbst bin ausserhalb der Gruppe sehr wenigen Bisexuellen begegnet. Wenn ich das Thema anspreche, stosse ich kaum auf Verständnis oder Wohlwollen. Das geht wohl den meisten Bisexuellen so, und daher wird geschwiegen. Aber als Tabu würde ich es trotzdem nicht bezeichnen. Es ist allen freigestellt darüber zu sprechen, wo und wie immer sie oder er es möchte. Wir leben in einer sehr freien Gesellschaft.
Magst du das Wort «Bisexualität»?
Ja, ich mag es sehr, weil es die Überschrift zu den schönsten Kapiteln meines Lebens ist. Ich habe kein Problem damit und halte auch die Bezeichnung für akkurat.
Es gibt Menschen, die homo- und heterosexuell lieben können und wollen. Sie bilden einen Typus für sich. Es ist nicht wie ein Panaché, das halb Bier, halb Citro und doch keines recht ist. Ich selbst komme ziemlich gut damit zurecht und hatte das grosse Glück, auf wunderbare Menschen zu stossen. Ich kann mir nicht vorstellen, nur einseitig zu lieben.
Was wünschst du dir für die Zukunft der Bi-Gruppe?
Ich wünsche mir, dass wir mehr bi Menschen ansprechen können. Auch wenn vermutlich nicht alle Menschen bi sind, gibt es in Bern sicher mehr als die fünf oder zehn, die zu unserem Grüppli gehören könnten. Am losen Konzept möchte ich eigentlich nichts ändern. Wir sind keine Aktivist*innen und haben keinen gesellschaftspolitischen Anspruch.
Die Fragen stellte Daniel Frey