Ein herzliches Dankeschön an den Berner Stadtrat

SVP-Stad­trat Rudolf Friedli nach der deut­lichen Über­weisung der inter­frak­tionellen Motion zur «Sich­er­stel­lung des Beratungsange­bots für die LGBTI-Com­mu­ni­ty» am Don­ner­stag: «Es braucht eine nieder­schwellige Anlauf­stelle, eine solche kann sog­ar lebenswichtig sein».

Die Chronologie

Am 22. Sep­tem­ber let­zten Jahres erfuhren wir, dass der Kan­ton Bern die jährlichen Beiträge von rund 20’000 Franken an unsere Beratung ersat­z­los stre­icht. Wir schrieben auf unser­er Web­site: «Mit dieser Per­spek­tive reicht das Geld nicht mal mehr richtig, um einen dick­en Rot­s­tift zu kaufen – damit wir das Bud­get zusam­men­stre­ichen kön­nen.»

Sechs Tage später fand im Rah­men der Wahlen in der Stadt Bern in der Vil­la Stuc­ki unter dem Titel «Wählt Bern bunt?» ein Wahlpodi­um statt – und die Diskus­sion drehte sich u.a. auch um eine mögliche Finanzierung der HAB-Beratung durch die Stadt Bern. Leena Schmit­ter, Stadträtin: «Falls sich der Kan­ton weit­er quer stellen sollte, werde ich sich­er dafür kämpfen, dass das Ange­bot erhal­ten bleibt».

Am 27. April dieses Jahres reicht­en im Bern­er Stad­trat Rudolf Friedli (SVP), Janine Wic­ki (GFL), Tabea Rai (AL), Leena Schmit­ter (GB), Patrick Zil­lig (GLP), Dan­nie Jost (FDP), Philip Kohli (BDP) und Mohamed Abdi­rahim (JUSO) die Motion zur «Sich­er­stel­lung des Beratungsange­bots für die LGBTI-Com­mu­ni­ty» ein. In einem Inter­view mit GAYRADIO war sich Rudolf Friedli sich­er, dass die HAB ab 2018 wiederum Geld von der öffentlichen Hand erhält. Aus­gangspunkt zu diesem Zeit­punkt: Der Gemein­der­at hat­te nun sechs Monate Zeit auf die Motion zu antworten …

Die Antwort traf pünk­tlich ein: In nüchternem Amts­deutsch schrieb der Gemein­der­at Ende Okto­ber in ein­er Mit­teilung, dass er es als sin­nvoll erachte, das «beste­hende und gegebe­nen­falls noch auszubauende Beratungsange­bot im Rah­men der Aus­for­mulierung der städtis­chen LGBTI-Strate­gie und ‑Poli­tik zu über­prüfen und über eine Finanzierung zu entschei­den».

Dank ständi­gem und inten­siv­en Kon­takt zu Stad­trat Rue­di Friedli und sein­er vor­bildlichen Hart­näck­igkeit wurde – trotz engem Zeit­plan – die Motion am ver­gan­genen Don­ner­stag im Stad­trat trak­tandiert. Und der Stad­trat set­zte ein klares Zeichen: Mit gross­er Mehrheit wur­den die Forderun­gen der inter­frak­tionellen Motion über­wiesen. Kri­tis­che Stimme gegen die Vor­lage gab es von SVP und EVP – die EVP befürchtete, dass mit «dem Beratungsange­bot die Agen­da der LGBTI-Com­mu­ni­ty» finanziert würde. Ich habe gestern bei EVP-Stadträtin Bet­ti­na Jans nachge­fragt, was da genau gemeint sei – eine Antwort ist bish­er nicht eingetrof­fen.

Hocher­freut zeigte sich über die Entschei­dung Rudolf Friedli. Er erk­lärte auf Anfrage:

Ich freue mich, dass der Stad­trat so deut­lich zuges­timmt hat — damit die HAB ihre wichtige Auf­gabe für die LGBTI-Com­mu­ni­ty weit­er­hin erbrin­gen kann. Es braucht eine nieder­schwellige Anlauf­stelle, eine solche kann sog­ar lebenswichtig sein.

Und wie geht es nun weiter?

Mit der deut­lichen Zus­tim­mung hat der Stad­trat ein deut­lich­es Sig­nal geset­zt. Die Umset­zung der Forderun­gen der Motion fällt aber klar in die Zuständigkeit des Gemein­der­ates (der Exeku­tive). Entsprechende finanzielle Mit­tel seien im Bud­get 2018 zwar vorhan­den, die Direk­tion für Bil­dung, Soziales und Sport – Chefin ist Franziska Teusch­er – hat «aber einen grossen Spiel­raum» bei der Umset­zung.

Nach Angaben des erle­ichterten HAB-Präsi­den­ten Christoph Janser werde der Vor­stand das weit­ere Vorge­hen am näch­sten Don­ner­stag an ein­er Sitzung disku­tieren.

Wie Christoph Janser weit­er betont, könne ein Beratungsange­bot wie das der HAB tat­säch­lich «lebenswichtig» sein. Dabei ver­weist er auf eine Studie der Uni­ver­sität Lau­sanne, deren Ergeb­nis bee­len­dend ist: LGBTI-Jugendliche lei­den häu­figer an Depres­siv­ität, kämpfen öfter gegen psy­cho­so­ma­tis­che Symp­tome und sind all­ge­mein in einem schlechteren gesund­heitlichen Zus­tand im Ver­gle­ich mit het­ero­sex­uellen Jugendlichen. Und er ergänzt, dass aber auch LGBTI-Erwach­sene «schlechter abschnei­den» wür­den — ger­ade die HAB-Beratung «sei auch für Erwach­sene da und richte sich nicht auss­chliesslich an Jugendliche».