Erstes Zeichen aus Bundesbern: Konversionsmassnahmen an jungen LGBT-Personen sollen in der Schweiz verboten werden

Heute gab die Recht­skom­mis­sion des Nation­al­rats (RK‑N) bekan­nt, dass sie eine Kom­mis­sion­s­mo­tion für ein Ver­bot von Kon­ver­sion­s­mass­nah­men an min­der­jähri­gen und jun­gen erwach­se­nen LGBT-Per­so­n­en mit 16 zu 6 Stim­men (bei ein­er Enthal­tung) sehr deut­lich angenom­men hat. Ein wichtiger Schritt für die LGBT-Dachver­bände, denn nur so kön­nen queere Per­so­n­en vor diesen schädlichen und trau­ma­tisieren­den «Ther­a­pi­en» geschützt wer­den. Nun sind Nation­al- und Stän­der­at gefordert, der Motion zuzus­tim­men und das Ver­bot zu erlassen.

Im Sep­tem­ber 2021 reicht­en Nation­al­rat Ange­lo Bar­rile und Nation­al­rätin Sarah Wyss zwei par­la­men­tarische Ini­tia­tiv­en für ein schweizweites Ver­bot von Kon­ver­sion­s­ther­a­pi­en an LGBT-Per­so­n­en ein. Eine forderte ein Ver­bot von solchen Hand­lun­gen an Min­der­jähri­gen und jun­gen Erwach­se­nen, die zweite wollte ein generelles Ver­bot erwirken.

Nach ein­er aus­führlichen Diskus­sion hat sich die Recht­skom­mis­sion des Nation­al­rats entsch­ieden, eine Kom­mis­sion­s­mo­tion für ein Ver­bot bei Min­der­jähri­gen und jun­gen Erwach­se­nen einzure­ichen und somit den Bun­desrat mit der Erar­beitung ein­er Geset­zesvor­lage zu beauf­tra­gen. Die bei­den par­la­men­tarischen Ini­tia­tiv­en wur­den zurück­ge­zo­gen.

Alessan­dra Wid­mer, Co-Geschäft­slei­t­erin der Les­benor­gan­i­sa­tion Schweiz (LOS), zeigt sich erle­ichtert: «Endlich hat die Poli­tik den Hand­lungs­be­darf erkan­nt und es tut sich etwas. Beson­ders erfreulich ist die sehr deut­liche Mehrheit und die Unter­stützung über die Partei­gren­zen hin­weg. Dies zeigt, dass es inzwis­chen Kon­sens ist, dass LGBT-Per­so­n­en einen gewis­sen Schutz benöti­gen.»

Alecs Rech­er, Leitung Advo­ca­cy und Rechts­ber­atung bei Trans­gen­der Net­work Switzer­land (TGNS), zeigt auf: «Es ist erwiesen, dass die sex­uelle Ori­en­tierung oder Geschlecht­si­den­tität ein­er Per­son nicht wil­lentlich verän­dert wer­den kön­nen. Und dass Mass­nah­men, die dies beab­sichti­gen, für Betrof­fene schädlich und trau­ma­tisierend sind. Es ist zwar bedauer­lich, dass die Kom­mis­sion­s­mehrheit diese Hand­lun­gen nur bei Min­der­jähri­gen und jun­gen Erwach­se­nen und nicht generell ver­bi­eten möchte. Doch der klare poli­tis­che Wille, zumin­d­est einen beson­ders gefährde­ten Teil unser­er Com­mu­ni­ty zu schützen, ist erfreulich.»

Sarah Wyss, SP-Nation­al­rätin Basel-Stadt, forderte ein solch­es generelles Ver­bot: «Es ist wichtig, dass Min­der­jährige und junge Erwach­sene möglichst bald geschützt wer­den, da diese beson­ders vul­ner­a­bel sind. Um den poli­tis­chen Prozess nicht zu brem­sen, kann ich mit diesem Kom­pro­miss leben und habe meine par­la­men­tarische Ini­tia­tive zurück­ge­zo­gen.»

«Soge­nan­nte ‹Kon­ver­sion­s­ther­a­pi­en› haben abso­lut keinen ther­a­peutis­chen Nutzen. Vielmehr benötigt es danach jahre­lange Psy­chother­a­pi­en, um dieses Trau­ma aufzuar­beit­en und sich selb­st akzep­tieren zu kön­nen. Ich freue mich sehr über die deut­liche Mehrheit in der Kom­mis­sion, denn es ist höch­ste Zeit, dass die Schweiz solche Mass­nah­men endlich ver­bi­etet.»
Ange­lo Bar­rile, SP-Nation­al­rat Zürich, Pink-Cross-Vor­standsmit­glied und Arzt

Die Schweiz ist ein­mal mehr im Hin­tertr­e­f­fen, wie Roman Heg­gli, Geschäft­sleit­er von Pink Cross, erläutert: «In vier europäis­chen Län­dern sind Kon­ver­sion­s­mass­nah­men bere­its ver­boten, in weit­eren sechs sind Ver­bote in Erar­beitung und auch ein EU-weites Ver­bot wird disku­tiert. Die Schweiz darf nicht zu einem sicheren Hafen für ‹LGBT-Heil­er› wer­den, son­dern muss solchen Mass­nah­men den Riegel schieben. Ich bin froh, hat die RK‑N diesen ersten wichti­gen und längst über­fäl­li­gen Schritt gemacht.»

Die Kom­mis­sion­s­mo­tion geht nun ins nation­al­rätliche Plenum und in den Stän­der­at. Falls bei­de Räte der Motion zus­tim­men, muss der Bun­desrat eine entsprechende Geset­zesvor­lage erar­beit­en.

Gemein­same Medi­en­mit­teilung von Trans­gen­der Net­work Switzer­land (TGNS), Les­benor­gan­i­sa­tion Schweiz (LOS) und Pink Cross