«Es gibt kein ‹er› oder ‹sie›. Am Ende bleibt nur das Kind. Mädchen, Junge, Kind. Nur das.» So die Mutter eines etwa Achtzehnjährigen, der sich in der Transition befindet. Der 1977 in Genf geborene Regisseur Robin Harsch hat während zweier Jahre drei trans Jugendliche begleitet. Sie alle verkehren in der Genfer Beratungsstelle «Refuge», wo queere Jugendliche zu Autonomie und Selbstachtung finden dürfen.
Von Hermann Kocher
Die jungen Menschen befinden sich an unterschiedlichen Stellen ihrer Transition. Logan und Söan sind unterwegs von der Frau zum Mann. Logan, der seinen Körper als «Gefängnis, das man abreissen möchte», empfindet, lässt sich die weiblichen Brüste entfernen. Söan ist glücklich darüber, eine neue Identitätskarte mit einem männlichen Namen ausgehändigt zu bekommen. Und der ursprünglich aus Panama stammenden Mixair wird ihr Wunsch einer geschlechtsanpassenden Operation vom Mann zur Frau erfüllt.
Eindrücklich sind nicht nur die verletzlichen Jugendlichen in ihrem Ringen um eine ihnen entsprechende Identität. Deutlich wird, wie auch Eltern ein «Coming-out» durchstehen auf ihrem Weg von Trauer und Verlustängsten zum Punkt, an dem sie den Prozess ihrer Kinder voll bejahen. Der Film ist auch insofern stark, als er konsequent beim Thema «Geschlechtsidentität» bleibt und die mit vielen Vorurteilen behaftete Schiene der sexuellen Orientierung von trans Personen ausblendet. Die Kamera bleibt dabei immer diskret und verzichtet auf Nacktszenen oder Aufnahmen einer geschlechtsanpassenden Operation.
Der Film macht nicht nur erlebbar, was einzelne junge Menschen «unter der Oberfläche» umtreibt (und – wie viele Suizide schmerzhaft zeigen – oft verzweifeln lässt). Ebenso geht er Zuschauenden «unter die Haut». Er wird nicht nur, aber gerade auch Jugendliche dazu anleiten, fixe binäre Vorstellungen von Geschlechtern zu hinterfragen.
Der Schweizer Film «Sous La Peau» (Französisch mit deutschen Untertiteln) läuft ab 9. Juli im Berner Kino Rex.