Zwei Tage vorher konnte ich vor lauter Aufregung schon nicht mehr richtig schlafen. «Sie werden zahlreich kommen und es wird toll», beruhigte mich meine Partnerin.
Die Rede war vom Besuch der kürzlich stattgefundenen Kick-off Veranstaltung zur Gründung einer Frauen*gruppe in Bern (die HAB berichtete ausführlich darüber in der letzten HABinfo). Auf Facebook hatten über sechzig Frauen* ihr Interesse am Event bekundet. Mehrere E-Mails mit Anmeldungen waren reingeflattert, darunter auch Gratulationen zur Gründung der Gruppe und Nachfragen auf Englisch. Eine Person wollte sogar wissen, ob sie Nudelsalat oder doch lieber Gemüse-Dips mitbringen sollte. Doch in den letzten vierundzwanzig Stunden vor dem Treffen erreichten mich auch die ersten Abmeldungen. Krankheit, kollidierende Termine … «Das wird schon!», sagte meine Freundin.
In der Villa Stucki richteten wir unser kleines kanadisches Buffet an, bei dessen Konzept jede Person etwas mitbringt, damit ein vielfältiger Tisch entsteht, kümmerten uns um das Besteck und die Getränke. Dann stellten wir die Flipcharts auf, ich ging meine Notizen nochmals durch und übte die Begrüssung ein. Zwanzig Minuten vor dem offiziellen Beginn erschien schon unsere erste Besucherin und brachte eine verlockende Käsewähe mit. Dass zu diesem Zeitpunkt bereits Frauen* auftauchten, sah ich als gutes Omen. Wir verstanden uns von Anfang an sehr gut. Nach dem ersten Small Talk waren wir bereits mitten in der Diskussion über die Gründung unserer Gruppe. Ich schaute kurz auf die Uhr: Die Veranstaltung hatte offiziell seit fünf Minuten begonnen. Aber wo blieben die restlichen Frauen? Ich checkte meine Mailbox. Tatsächlich, wieder ein paar Abmeldungen. Etwas verlegen sagte ich, dass wir vielleicht noch einen Moment warten sollten. Ich holte ein paar Bier aus dem Kühlschrank und wir setzten uns zu dritt an den Büffet-Tisch. Die Käsewähe schmeckte traumhaft und nach der ersten Enttäuschung darüber, dass nun wohl doch nicht so viele Frauen* auftauchen würden, fingen wir an, uns über unsere Vorstellungen und Visionen bezüglich der Gruppe auszutauschen. Als wir uns mitten im Gespräch befanden, betrat eine Transfrau* den Raum, wenig später gleich die nächste. Die Begrüßung fiel auch hier sehr herzlich aus. Mittlerweile sassen wir zu fünft am Tisch.
Zwischen Witzen, Bierchen und persönlichem Austausch ergab unser konspiratorisches Beisammensein am Ende folgendes: Ähnlich wie bei einem kanadischen Büffet wird das Angebot des weiteren Programms von den jeweils Anwesenden bestimmt und ist so vielfältig wie die Menschen, die sich daran beteiligen. Die Verantwortung soll weder bei den HAB als Verein noch bei einzelnen Personen liegen. Jede trägt ihren Teil dazu bei, dass die Gruppe lebt und darf sich mit eigenen Ideen und Wünschen einbringen. Getauft wurde die Gruppe einstimmig auf den Namen «Gigola». Das Wort strahlt etwas Unangepasstes und Stilvolles aus.
Fünf Frauen. Natürlich hatte ich mehr erwartet, vor allem weil ich täglich miterlebe, wie gross eigentlich das Bedürfnis ist nach Safe Space und vielfältigem Zusammenkommen ist. Aber auch kleine Gruppen haben ihre Vorteile und können Spass machen. Gemeinsam haben wir beschlossen, dass «Gigola» vorerst auf Freizeitaktivitäten ausgerichtet ist. Wir wollen gemeinsam Zeit verbringen, uns persönlich austauschen und unsere Vielfalt gemeinsam feiern. Geplant sind zudem ein eigenes Logo und eine Facebook-Gruppe zur besseren Organisation. Als nächstes werden wir uns im Herbst zu einem queeren Filmabend in der Villa Stucki treffen. Weitere Informationen werden demnächst auf der Website der HAB freigeschaltet.