Monika Rolli ist 55 Jahre alt, Mutter von drei erwachsenen Kindern und lebt in der Umgebung von Bern. Sie engagiert sich bereits seit acht Jahren für die Beratung von hab queer bern.
Warum engagierst du dich über so viele Jahre hinweg im Beratungsteam?
Mich haben Menschen und ihre Lebensgeschichten sowie psychologische Themen schon immer interessiert. Zudem ist es mir auch wichtig, dass ich meine Erfahrungen mit dem Lesbischsein und dem Coming-out an Ratsuchende weitergeben kann.
Mit was für Fragen wirst du während deinen Beratungen am häufigsten konfrontiert?
Da ich selber Mutter bin, sehr oft mit Fragen von frauenliebenden Müttern. Aber auch mit Problemen rund ums Coming-out.
Spielt eigentlich die Aufteilung zwischen der Lesbenberatung (Mittwochabend) und der Schwulenberatung (Dienstagabend) überhaupt noch eine Rolle?
Mittlerweile bin ich der Meinung, dass es gar keine so grosse Rolle mehr spielt, wer das Telefon abnimmt. Ich hatte schon mehrmals auch Männer am Telefon, die – glaub ich – einfach nur froh waren, dass ihnen jemand zuhörte.
Beantwortest du eigentlich lieber Anfragen per Mail oder am Telefon?
Am liebsten sind mir persönliche Beratungen, weil mensch «miteinander» kommuniziert und nicht zeitversetzt per Mail.
Welches Beratungsgespräch hat dich bisher am meisten beschäftigt?
Das war eine persönliche Beratung mit zwei Frauen, einer Schweizerin mit ihrer Partnerin aus einem anderen Kulturkreis. Die Familie der Partnerin durfte überhaupt nichts wissen von dieser Verbindung – sonst hätte die Familie sie ausgestossen. Das war sehr belastend für die Beziehung und ich spürte die Verzweiflung dieser zwei Frauen.
hab queer bern bietet Beratungen für lesbische und bi Frauen und für schwule und bi Männer an. Warum gibt es nicht auch eine Telefon- oder Mail-Beratung für trans Menschen?
Trans ist ein sehr komplexes Thema. Und da ich – trotz interner Weiterbildung – bei diesem Thema sehr unsicher bin, verweise ich lieber auf die LGBT+ Beratung vom Checkpoint Bern und die Beratungsangebote von TGNS. Allerdings habe ich die Erfahrung gemacht, dass die Anrufer*innen einfach mal froh sind, darüber sprechen zu können.
Was wünschst du dir persönlich, damit unsere queere Welt besser wird und eine hab-Beratung nicht mehr nötig ist?
Eventuell noch mehr Aufklärungsarbeit an Schulen. Persönlich wünsche ich mir ein friedvolleres Zusammenleben, mehr Toleranz. Jeder Mensch ist einzigartig – egal welche sexuelle Orientierung oder Geschlechtsidentität er hat.
Die Fragen stellte Daniel Frey