«Die Rampe zum Eingang ist sehr steil»
Als Vorstandsmitglied von hab queer bern begann ich mich mit dem Thema «Queere Menschen mit Behinderung» Anfang Juli intensiver zu beschäftigen. Da wurde bekannt, dass Bern 2023 die EuroGames zugesprochen wurden.
Zur Erinnerung: Die EuroGames sind eigentlich ein ‹schwul-lesbisches sportliches Grossereignis› bei dem auch «exotische» Sportarten zum Zug kommen (in Bern wird zum Beispiel auch gejasst). Selbstverständlich ist ‹schwul-lesbisch› längst out und die gesamte LGBTIQ+ Community kann teilnehmen.
Mir wurde schnell klar, Queers mit Handicap müssen da unbedingt dabei sein! Als intergeschlechtliche Person weiss ich ganz genau, was es heisst im «normalen Sport» diskriminiert zu werden – die südafrikanische Mittelstreckenläuferin Caster Semenya lässt grüssen.
Kurz nach Vergabe der EuroGames nach Bern kam ich in Kontakt mit Thomas Stauber. Thomas sitzt im Rollstuhl und ist schwul. Die Beratungsgruppe suchte gerade nach Verstärkung und Thomas war interessiert, bei der LGBT+ Helpline mitzuarbeiten.
Ich traf Thomas zu einem längeren und sehr intensiv-informativen Gespräch. Ich habe gelernt, dass beispielsweise eine Toilette für behinderte Menschen noch lange nicht ein stilles Örtchen ist, das jemand im Rollstuhl auch benutzen kann. Ich erfuhr auch, dass das kulturelle Leben immer noch mit enorm vielen Barrieren gespickt ist und eine Behinderung immer noch bedeutet mit Diskriminierungen konfrontiert zu sein.
In der Folge haben Thomas Stauber, Daniel Frey und ich begonnen das Thema «Queer und Behinderung» intensiver anzugehen. Wir haben uns zusammengesetzt und beraten, was kann und was getan werden muss, um diese Menschen zu unterstützen. Mit vielen Ideen sind Daniel und ich dann an den Vorstand von hab queer bern gelangt und haben das Thema als Jahresthema 2021 vorgeschlagen. Mit Erfolg!
- Neben Events – im Rahmen der momentanen Möglichkeiten mit Corona – soll die Homepage barrierefreier werden. Dazu gehören einfache Dinge wie lesbar für Menschen mit Leseschwäche, besuchbar für Sehbehinderte.
- An Veranstaltungen des Vereins (Podien, Versammlungen etc.) soll möglichst Gebärdensprache angeboten werden.
- Die Gesprächsgruppen sollen durch eine für Menschen mit Handicap ergänzt werden.
- Wir wollen zudem die Stadt Bern auf Freund-/Feindlichkeit gegenüber behinderten Menschen prüfen und das auch öffentlich dokumentieren.
Thomas hat «unsere» Villa Bernau im Rahmen einer Sitzung der Beratungsgruppe bereits unter die Lupe genommen. Auch wenn da grundsätzlich eigentlich alles vorhanden ist, gibt es ein paar kritische Punkte: Die Parkplatzsuche ist nicht einfach und kann zu langem und steilem Anrollweg führen, die ‹Anfahrt› auf dem Gelände zur Villa ist teilweise mühsam auf Schotter und ansteigend, die Rampe zum Eingang ist sehr steil (geht kaum ohne Hilfe) …
Höchste Zeit also, etwas zu unternehmen, für alle queeren Menschen mit Behinderung. Wir haben uns das auf die Regenbogenfahne geschrieben und wollen mit gutem Beispiel voran gehen.
Urs Vanessa Sager
Vorstand hab queer bern
andersOrt
«Unterwegs auf der Poebene» mit Selma Mosimann
Selma Mosimann hat eine Bewegungsbehinderung und ist – auf «Poebene» – im Rollstuhl unterwegs. Selma war Gast im Podcast «Der queere Alltag» und sprach mit Daniel Frey über «behindert sein» und «behindert werden», über Begrifflichkeiten, übers Wohnen und Selbstständigkeit, über den Alltag und über den queeren Alltag, übers Coming-out als zweite Pubertät und über Familie.
«Menschen glauben, ich könne nicht schwul sein, weil ich behindert bin!»
Sind Menschen mit Behinderung automatisch asexuell? Natürlich nicht, aber viele glauben das. Der schwule TikTok-Aktivist Stephen Thomas Smith setzt sich für einen anderen Umgang der LGBTIQ-Community mit Personen ein mit körperlichen und geistigen Einschränkungen.
Peinlich: Eine LGBTIQ-Community, die Menschen mit Behinderung ausgrenzt
Wenn wir «queer» sagen und damit nur «queer ohne Behinderung» meinen, haben wir nichts verstanden. So lange sind wir Hass-Opfer und Handlanger der heteronormativen, normalnormativen Schmalspurdoktrin. Ein Gastkommentar von Stefan Hochgesand auf der Webseite der «Mannschaft».
ALLIAGE – der Verein für LGBTIQ-Menschen mit Behinderung
Manchmal lohnt sich der Blick über den Röstigraben. Dieser Blick hat die Zeitschrift SozialAktuell vom Berufsverband Soziale Arbeit Schweiz gewagt und in der aktuellen Ausgabe Carlos Correvon und dessen Verein ALLIAGE vorgestellt. Der im Juni 2016 gegründete Verein will LGBTIQ-Menschen mit Behinderung eine Stimme geben.