RatLos in Bern

Die ver­gan­genen Tage gehören wohl zu den aufre­gend­sten Momente in der über 40-jähri­gen Geschichte unseres Vere­ins!

Don­ner­stag, 22. Sep­tem­ber; Vor­standssitzung: wir haben soeben erfahren, dass der Kan­ton die jährlichen Beiträge von rund 20’000 Franken an unsere Beratung ersat­z­los stre­icht. Mit dieser Per­spek­tive reicht das Geld nicht mal mehr richtig, um einen dick­en Rot­s­tift zu kaufen — damit wir das Bud­get zusam­men­stre­ichen kön­nen. Nach län­ger­er Diskus­sion ist sich der Vor­stand jedoch einig: Die Beratung der HAB ist wichtig und muss irgend­wie weit­erge­führt wer­den. Entsprechend wer­den andere Ange­bote “bluten” müssen. Doch das wirk­lich let­zte Wort haben in einem Vere­in schlussendlich natür­lich die Mit­glieder — eine Ein­ladung zur näch­sten Mit­gliederver­samm­lung wurde in der Zwis­chen­zeit bere­its ver­schickt.

Mittwoch, 28. Sep­tem­ber — also eine knappe Woche später: Die Zeitung ‘Der Bund’ schreibt:

Sehr leb­haft war die Vor­standssitzung der Homo­sex­uellen Arbeits­grup­pen Bern (HAB) am ver­gan­genen Don­ner­stag, wie dem ‘Bund’ zuge­tra­gen wurde.

Die Zeitung set­zt die Argu­mente des Kan­tons (die Gesund­heits- und Für­sorgedi­rek­tion sieht für dieses spez­i­fis­che Ange­bot keine aus­re­ichende Nach­frage mehr) und den HAB (pro Jahr führen unsere ehre­namtlichen Berater und der Psy­chologe zusam­men rund 300 Beratun­gen durch, Ten­denz steigend) gegenüber.

Politpodium ...
Polit­podi­um …

Mittwochabend, 28. Sep­tem­ber: In der Vil­la Stuc­ki find­et unter dem Titel “Wählt Bern bunt?” ein Wahlpodi­um zu den bevorste­hen­den Wahlen in der Stadt Bern statt. Auf dem Podi­um sind acht poli­tisierende Men­schen, die in den Bern­er Stad­trat gewählt oder sog­ar Stadt­präsi­dent wer­den wollen, ver­schieden Fra­gen aus­ge­set­zt. Auch der Frage nach ein­er möglichen Finanzierung der HAB-Beratung durch die öffentliche Hand der Stadt Bern.

Mut macht u.a. Leena Schmit­ter, die uns nach dem Podi­um nochmals schriftlich bestätigt:

Aus mein­er Sicht ist es die Auf­gabe des Kan­tons, das wichtige und nachge­fragte Ange­bot der HAB zu unter­stützen. Es ist poli­tisch falsch, sich hin­ter finanziellen Argu­menten zu ver­steck­en, wenn es um die Rechte von LGBTIQ* geht. Die Summe  von 24’000 fällt im Bud­get des Kan­tons nicht ins Gewicht. Falls sich der Kan­ton weit­er quer stellen sollte, werde ich sich­er dafür kämpfen, dass das Ange­bot erhal­ten bleibt.

Don­ner­stag, 29. Sep­tem­ber: Im ‘Bund’ darf sich Pierre Alain Schnegg, Direk­tor der Gesund­heits- und Für­sorgedi­rek­tion des Kan­tons Bern, aus­führlich äussern:

Er habe mit dem Entscheid nichts zu tun gehabt und erst aus dem ‘Bund’ von den Sub­ven­tion­skürzun­gen erfahren. “Mein Per­son­al hat diesen Entscheid gefällt; und mein Per­son­al hat mein Ver­trauen”. Wenn das Kosten-Nutzen-Ver­hält­nis eines Ange­bots nicht gegeben sei, fände er eine Kürzung in Ord­nung. Er wisse aber, dass dies “wehtue”. Aber es sei nicht die Auf­gabe des Kan­tons, “hier 10’000 Franken zur Ver­fü­gung zu stellen und da 10’000 Franken zu geben”.
Auch habe seine Mit­glied­schaft in der Freikirche “Gemeinde für Chris­tus” — bis vor eini­gen Jahren als “Brüdervere­in” bekan­nt — nichts mit der Kürzung der Beiträge an die HAB zutun.

Sam­stag, 1. Okto­ber: Der ‘Bund’ zitiert Franziska Teusch­er, Gemein­derätin für Bil­dung, Soziales und Sport der Stadt Bern und Kandierende für das Stadt­prä­sid­i­um:

Der Kan­ton kann diese wichtige kan­tonale Auf­gabe nicht an die Stadt abschieben. Die finanzielle Unter­stützung durch ihn ist aus mein­er Sicht zwin­gend notwendig.

Die Arbeit der HAB bew­ertet Teusch­er als wichtig, sin­nvoll und sehr erfol­gre­ich.

Es kann nicht sein, dass dieses Ange­bot nun vom Kan­ton gefährdet wird. Deshalb werde sie mit dem Kan­ton Kon­takt aufnehmen, “damit er auf seinen Entscheid zurück­kommt”.

Selb­stver­ständlich wurde die Entschei­dung der Gesund­heits- und Für­sorgedi­rek­tion nicht nur in den Medi­en disku­tiert, son­dern auch im Hin­ter­grund. In der Zwis­chen­zeit haben diverse Gespräche und Tele­fonate stattge­fun­den, unzäh­lige Mails wur­den geschrieben und es wur­den ver­schiedene Zusagen gemacht. Diese wer­den der Präsi­dent Christoph Janser und der Vor­stand spätestens am Mittwoch, 2. Novem­ber an der Mit­gliederver­samm­lung aufzeigen.