Männer im Alter von 45 Jahren haben für eine Studie der Technischen Universität München über Sex gesprochen. Die Studie macht einige Diskrepanzen erstmals statistisch sichtbar: Rund sechs Prozent waren «hidden homosexuals», die sich selbst als homosexuell sahen, Sex aber nur mit Frauen hatten und häufig verheiratet waren.
Über zwei Jahre hinweg befragten Ärzt*innen Männer im Alter von 45 Jahren in Düsseldorf, Hannover, Heidelberg und München unter anderem über ihre erste sexuelle Erfahrung, ihre sexuelle Orientierung, die Anzahl ihrer Partner*innen und ihre sexuellen Praktiken.
Erste sexuelle Erfahrungen mit 18
Unabhängig von ihrer sexuellen Orientierung machten die Männer ihre ersten sexuellen Erfahrungen im Alter von etwa 18 Jahren – mit Frauen. Erst im Durchschnitt zwei Jahre später hatten einige auch sexuelle Kontakte zu Männern und auch das unabhängig von ihrer in der Studie angegebenen Orientierung. Die Studienleiterin Prof. Kathleen Herkommer erklärt das so: «Es handelt sich dabei wohl um eine Findungsphase, in der sexuell Unterschiedliches ausprobiert wird».
Die Studie beinhaltete auch Fragen zur Art des Geschlechtsverkehrs, den die Männer in den letzten drei Monaten hatten. Der vaginale Sex lag bei heterosexuellen Männern deutlich auf Platz 1 (98 Prozent), gefolgt von oralem Sex, den knapp 60 Prozent ausübten. Diese Form des Sexes wurde von homosexuellen Männern (91 Prozent) am häufigsten praktiziert, weitaus weniger häufig Analverkehr (64 Prozent).
Jeder zehnte homosexuelle Mann hatte in den letzten drei Monaten Geschlechtsverkehr mit Frauen. Ähnlichen Studien aus Australien, Belgien oder den USA hatten diese Abweichung von sexueller Orientierung und Sexualverhalten bisher nicht gefunden.
Mehrheitlich in langjährigen Beziehungen
Bis zum 45. Lebensjahr hatte der Grossteil (98 Prozent) der heterosexuellen Männer mit bis zu zehn unterschiedlichen Menschen Sex. Etwa ein Drittel der bisexuellen Männer und knapp die Hälfte der homosexuellen Männer waren sexuell deutlich aktiver: sie hatten mehr als 30 unterschiedliche Sexualpartner*innen.
Im Alter von 45 waren über drei Viertel der heterosexuellen Männer zwischen fünf und zehn Jahren mit ihrer Partnerin zusammen, auch über die Hälfte der homo‐ und bisexuellen Männer war in einer festen und langjährigen Partnerschaft. Knapp 70 Prozent der heterosexuellen Männer waren verheiratet, 80 Prozent waren Vater geworden.
Schwule mit Ehefrau und Kindern
Auffällige Diskrepanzen zwischen der angegebenen sexuellen Orientierung und der gelebten Sexualität zeigten sich vor allem bei den Homosexuellen. «Wir haben eine Gruppe gefunden, die ihre Homosexualität zwar kennen, diese aber nicht ausleben, sondern ein rein heterosexuelles Leben führen und geführt haben – häufig mit Ehefrau und Kindern. Es gibt Hinweise darauf, dass eine solche Diskrepanz zu psychischen Problemen führen kann. Unsere Studie liefert wichtige Daten, um das Phänomen weiter zu erforschen.» Sagt die Studienleiterin und ergänzt: «Andere Studien gaben bereits Hinweise, dass es diese Gruppe gibt. Wir konnten es jetzt erstmals wissenschaftlich beweisen». Betroffen waren davon knapp sechs Prozent der homosexuellen Männer.
Schwule Väter in der Schweiz
In der Schweiz gehen Studien von schätzungsweise rund 60’000 schwulen Vätern aus. Um sich gegenseitig austauschen und unterstützen zu können, gibt es in unserem Verein im Rahmen der HAB-Beratung eine Gruppe «Schwule Väter», die sich regelmässig in der Villa Stucki trifft.