Seit ein paar Wochen, spätestens aber seit dem letzten IDAHOT (International Day against Homophobia and Transphobia), kursiert der Begriff «Lesbophobie» wieder in den (sozialen) Medien herum. Damit wird auf ein relevantes, intersektionales Problem aufmerksam gemacht.
Das Wort «Lesbophobie» beschreibt die doppelte Diskriminierung von lesbischen Frauen nicht nur aufgrund ihrer Homosexualität, sondern auch aufgrund ihres Geschlechts. Lesbische Frauen können auch innerhalb der LGBT+ Gruppierungen Sexismus erfahren, während schwule Männer weiterhin von männlichen Privilegien profitieren. Hierbei handelt es sich um strukturelle Gewalt. Eine bisexuelle trans* Frau kann sogar vierfach diskriminiert werden. Weil sie eine Frau und Trans* ist, weil sie nicht-heterosexuell begehrt und zusätzlich unter den Vorurteilen gegenüber bisexuellen Menschen leidet.
Weil strukturelle Gewalt den üblichen Normen entspricht, wird sie ausgeübt, ohne dass sich jemand persönlich schuldig oder verantwortlich fühlt. Wenn schwule Männer Diskriminierung erfahren, dann aufgrund ihrer sexuellen Orientierung und nicht wegen ihres Geschlechts. Sie werden nicht diskriminiert, weil sie Männer sind, sondern weil sie Männer sind, die sich in den Augen vieler ignoranter Menschen nicht wie Männer verhalten. Ein «effeminierter» (was für ein schreckliches Wort) Mann wird also niedergemacht, weil er in seinem Verhalten und Empfinden weiblich ist – was auch immer weiblich hier bedeuten mag.
«Lesbophobie» ist ein Begriff mit Vor- und Nachteilen, er spaltet die Meinungen, regt zum Nachdenken und Diskutieren an. Gefährlich wird er allerdings, wenn er der Homophobie entgegengesetzt wird. «Homophobie» beschreibt die Diskriminierung aufgrund der sexuellen Orientierung von Männern und Frauen. Einige leiten das Wort falsch ab. Das Präfix homo- stammt nicht vom Lateinischen Homo = Mann, Mensch, sondern vom Griechischen homós = gleich, gleichartig, entsprechend. Der Begriff an sich meint nicht nur schwule Männer, sondern alle Menschen, die gleichgeschlechtlich lieben. Sich auf den Ausdruck der Lesbophobie zu berufen, weil Homophobie angeblich nur Männer meint, ist ungeschickt und auf Dauer schädlich. Es wäre klüger, als lesbische Frau Wörter wie Homosexualität und Homophobie weiterhin zu benützen und den Begriff der Lesbophobie als Spezifizierung, als zusätzliches Phänomen mitzudenken und zu zitieren. Zu resignieren und bestehende Begriffe aufzugeben, trägt leider weiter zur Unsichtbarmachung von Frauen bei.