Zwangssterilisationen an trans* Menschen verletzen Menschenrechte

Illustration of an isolated transgender flag

Am 6. April 2017 verurteilte der Europäis­che Gericht­shof für Men­schen­rechte Frankre­ich, weil trans* Men­schen für die Änderung des amtlichen Geschlechts zu medi­zinis­chen Ein­grif­f­en gezwun­gen wer­den. Ein weg­weisendes Urteil, das sich wohl auch deut­lich auf die Schweiz­er Gericht­sprax­is auswirken wird.

Die Klägerin­nen hat­ten die Änderung ihres amtlichen Geschlechts vor lokalen franzö­sis­chen Gericht­en einge­fordert. Diese Änderung hätte es ihnen ermöglicht, Doku­mente zu erhal­ten, die ihre Geschlecht­si­den­tität kor­rekt wider­spiegeln und sie nicht tagtäglich zu Com­ing-outs als trans* zwin­gen. Doch als Frauen anerkan­nt zu wer­den, war ihnen ver­wehrt wor­den, da sie keine irre­versible Geschlecht­sän­derung — ins­beson­dere keine Ster­il­i­sa­tion — nach­weisen kon­nten.

In seinem heuti­gen Urteil spricht der Europäis­che Gericht­shof für Men­schen­rechte dazu Klar­text: Ster­il­i­sa­tio­nen, Ein­griffe, die zu Fortpflanzung­sun­fähigkeit führen kön­nen, sowie Ein­griffe, welche die äussere Erschei­n­ung dauer­haft verän­dern, für die Änderung des amtlichen Geschlechts vorauszuset­zen, ver­let­zt das Recht auf Pri­vatleben. Keine Ver­let­zung der Europäis­chen Men­schen­recht­skon­ven­tion sah der Gericht­shof hinge­gen in der Auflage, das Trans-Sein mit­tels Diag­nose nachzuweisen.

Die aktuelle Sit­u­a­tion in der Schweiz entspricht der­jeni­gen von Frankre­ich, die durch das heutige Urteil sehr deut­lich gerügt wurde. Auf Basis eines Bun­des­gericht­surteils von 1993, welch­es einen «irre­versiblen Geschlechtswech­sel» als Voraus­set­zung für die Änderung des amtlichen Geschlechts sta­tu­ierte, ver­lan­gen einzelne Gerichte noch immer zwin­gend oper­a­tive Ster­il­i­sa­tio­nen und die Mehrheit der Gerichte durch Hor­mon­be­hand­lung erre­ichte Fortpflanzung­sun­fähigkeit. Zur Änderung dieses Vorge­hens sind die betrof­fe­nen Gerichte ab sofort aufge­fordert.

Alecs Rech­er, Leit­er der Rechts­ber­atung von TGNS:

Nun muss auch die Schweiz endlich Schluss machen mit der grausamen Prax­is der Zwangsster­il­i­sa­tio­nen und zwangsweisen Hor­mon­be­hand­lun­gen an trans* Men­schen. Viele Schweiz­er trans* Men­schen kön­nen heute in eine Zukun­ft mit weniger Diskri­m­inierung, Stig­ma­tisierung und Mar­gin­al­isierung im All­t­ag blick­en, weil sie nun ihre Doku­mente anpassen lassen kön­nen. Dieses Urteil zeigt aber auch, wie unverän­dert wichtig der Europäis­che Gericht­shof für Men­schen­rechte für die Schweiz ist.

Gemäss ein­er Medi­en­mit­teilung