Die christliche Nächstenliebe der Arbeitsgruppe Jugend und Familie

Käthi Kauf­mann-Eggler ist Mut­ter von fünf Kindern und Präsi­dentin der Arbeits­gruppe Jugend und Fam­i­lie – und hat soeben an viele Schweizer*innen einen Brief ver­schickt. Über­schrieben ist dieser mit “NEIN zur Homoad­op­tion” – und ver­bre­it­et Unwahrheit­en …

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Frau Kauf­mann-Eggler behauptet beispiel­sweise im Brief, dass die Eid­genös­sis­chen Räte am 17. Juni die Adop­tion von Kindern durch gle­ichgeschlechtliche Paare beschlossen habe. Das ist FALSCH! Das Par­la­ment hat die Stiefkin­dadop­tion beschlossen. Ver­heiratete Paare und Paare in einge­tra­gen­er Part­ner­schaft sollen die Kinder des Partners/der Part­ner­in adop­tieren kön­nen. Nicht mehr und nicht weniger!

Im Brief wird darauf hingewiesen, dass “Kinder ein natür­lich­es Recht auf einen Vater und eine Mut­ter” hät­ten. Die Arbeits­gruppe Jugend und Fam­i­lie stellt damit die Sex­u­al­ität der Eltern in den Vorder­grund. Dabei geht es doch eigentlich “nur” um das Kindswohl und darum, dass Kinder in Regen­bo­gen­fam­i­lien die gle­iche Anerken­nung und die gle­iche rechtliche Absicherung erhal­ten, wie Kinder in anderen Fam­i­lien auch. Sollte dieses Ref­er­en­dum zus­tande kom­men, würde das für tausende Kinder eine unnötige Ver­längerung ihrer prekären rechtlichen Sit­u­a­tion und weit­ere Diskri­m­inierung bedeuten.

Wie ver­dreht die Argu­mente der Arbeits­gruppe Jugend und Fam­i­lie ist, zeigt ein Rechen­beispiel der Gruppe. Zitat: Ende 2014 habe es in der Schweiz 6700 einge­tra­gene Part­ner­schaften gegeben, in 250 einge­tra­ge­nen Part­ner­schaften war ein­er der Partner*innen vorher ver­heiratet. Entsprechend dürfte es also höch­stens 80 bis 120 einge­tra­gene Part­ner­schaften mit Kindern geben …

Fach­per­so­n­en dage­gen schätzen, dass in der Schweiz bis zu 30’000 Kinder in Regen­bo­gen­fam­i­lien aufwach­sen. Die Kinder kön­nen aus vor­ange­gan­genen het­ero­sex­uellen Beziehun­gen stam­men, in eine gle­ichgeschlechtliche Part­ner­schaft hineinge­boren, unter beson­deren Umstän­den adop­tiert oder als Pflegekinder aufgenom­men wor­den sein. Bei Fam­i­lien, in denen Trans*Eltern beteiligt sind, kann deren Com­ing-out vor oder nach der Fam­i­lien­grün­dung liegen.

Es geht hier also – liebe Frau Kauf­mann-Eggler – keineswegs um eine aus “ide­ol­o­gis­chen Grün­den völ­lig unver­hält­nis­mäs­sig aufge­bauschte Frage”.

Wie ver­schoben das Ver­ständ­nis der christlichen Näch­sten­liebe der Arbeits­gruppe Jugend und Fam­i­lie ist, beweist ein Blick auf deren Web­site. Da ste­ht beispiel­sweise, dass der “kleinen Zahl von Män­nern und Frauen mit tief­sitzen­der homo­sex­ueller Nei­gung” mit “Achtung, Mit­ge­fühl und Takt zu begeg­nen” sei. Homo­sex­u­al­ität sei näm­lich eine “tiefe Prü­fung”. Dies wiederum bedeute aber nicht, dass gle­ichgeschlechtliche Sex­u­al­prak­tiken gutzuheis­sen seien – deshalb müssten Chris­ten gle­ichgeschlechtliche Part­ner­schaften als “ver­meintliche eheähn­liche Form des Zusam­men­lebens” ablehnen. Zudem wür­den in unserem Land sowieso “schle­ichend” die “christlichen Werte aufgelöst”, das Zusam­men­leben gle­ichgeschlechtlich­er Paare sei “modis­ch­er Trend”.